Offener Brief an Ralf Stegner
Sehr geehrter Herr Dr. Stegner,
die Migrationskrise hat einen Punkt erreicht, der unverzügliche Maßnahmen auf allen politischen Ebenen erforderlich macht. Wir fordern Sie deshalb eindringlich auf:
Handeln Sie und machen Sie Ihren Einfluss auf Bundeskanzler Scholz, Innenministerin Faeser und die gesamte Regierungskoalition geltend!
Denn die Situation im Kreis Pinneberg ist dramatisch: Die Zahl der Geflüchteten hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Die Verteilungs- und Unterbringungsmöglichkeiten sind erschöpft, der Wohnungsmarkt ist leergefegt. Teilweise werden von den Ämtern ungesehen Wohnungen angemietet. Sprach- und Integrationskurse u.a. der Volkshochschulen sind vollkommen überlaufen, es gibt lange Wartezeiten. In den Kitas und Schulen verschärft sich die Lage täglich. Die DAZ-Klassen in unseren Schulen sind voll, Kita-Plätze so gut wie nicht mehr verfügbar. Alle befassten Behörden arbeiten am absoluten Limit.
Auf Landesebene wurde zur Unterstützung der Kommunen gerade vereinbart, die Kapazitäten in den Landesunterkünften schnellstmöglich auf mindestens 10.000 Plätze aufzustocken. Die Kommunen bekommen künftig wieder vier Wochen Zeit, sich auf neu unterzubringende Menschen vorzubereiten, eine Zuteilung über Weihnachten und Neujahr erfolgt nicht. Diejenigen, die keine Bleibeperspektive haben, sollen zudem nicht mehr an die Kommunen verteilt werden und in den Landesunterkünften verbleiben, um die Kommunen zu entlasten.
Doch auch die Belastungsgrenze des Landes ist bald erreicht: Etwa 100 Migrantinnen und Migranten kommen aktuell täglich nach Schleswig-Holstein. Es dauert rechnerisch also nur eine Woche, bis auch die neue Erstaufnahmeeinrichtung in Glückstadt mit ihren 700 Plätzen wieder belegt ist. Das Land wendet immense Summen auf, um Maßnahmen für eine gute Integration bereitzustellen, für die Schaffung kommunaler Unterbringung hat das Land bereits 111,5 Millionen Euro aufgewendet. In der Vergangenheit, insbesondere seit dem Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, wurden große Anstrengungen unternommen.
Die Herzen der Menschen in Schleswig-Holstein sind weit – aber die Mittel des Landes sind endlich.
Das Problem der ungeregelten Migration war laut Umfragen für zirka 80 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Hessen und Bayern ausschlaggebend bei ihrer Wahlentscheidung. Die SPD hat desaströse Ergebnisse erzielt, während die AfD Rekordergebnisse feiert. Das muss uns Demokratinnen und Demokraten zu denken geben.
Die maßgeblichen Entscheidungen zur Lösung der Migrationskrise werden auf Bundesebene getroffen – sie liegen im Verantwortungsbereich Ihrer Parteifreundin Innenministerin Faeser und Ihres Parteifreundes, des Bundeskanzlers. Wir fordern Sie deshalb nachdrücklich auf, sich bei ihnen und in Ihrer Fraktion dafür einzusetzen, gemeinsam mit der CDU die Probleme anzugehen und den Vorschlägen unserer Partei zu folgen:
1. Die Bundesregierung muss sich in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass sämtliche Asylverfahren zukünftig bereits an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden. Dazu gehört die Registrierung aller Asylbewerberinnen und Asylbewerber inklusive einer verpflichteten Sicherheitsüberprüfung und Identitätsfeststellung. Offensichtlich Nicht-Schutzberechtigte sollen direkt von der Außengrenze in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden.
2. Grenzkontrollen an der deutschen Grenze zur Schweiz, zu Polen und zu Tschechien müssen intensiviert werden. Sie sind ein wirksames Instrument, um dem derzeitigen Kontrollverlust des Bundes zu begegnen.
3. Die Bundesregierung muss die sogenannten „Pull-Faktoren“ reduzieren. Dazu gehört, statt Bargeld zukünftig Chipkarten an Asylbewerberinnen und Asylbewerber auszugeben, mit denen in Geschäften Produkte des täglichen Bedarfs bezahlt werden können. Damit wird verhindert, dass die Menschen Geld in ihre Heimatländer überweisen.
4. Die Bundesregierung muss die Maghreb-Staaten, Algerien und Indien sofort zu sicheren Herkunftsländern erklären.
5. Der Bund muss die finanziellen Hilfen für Länder und Kommunen im kommenden Jahr wesentlich erhöhen und darf diese erst recht nicht, wie Medien berichteten, in 2024 um rund 2 Milliarden Euro kürzen. Die angedachte Kürzung ist angesichts der steigenden Zahl von Geflüchteten und der Belastungen in den Kommunen inakzeptabel.
Herr Dr. Stegner, es kann nicht im Interesse der Gesellschaft und insbesondere nicht im Interesse Ihrer Partei liegen, dass diese unhaltbaren Zustände weiter andauern. Sie bergen sozialen Sprengstoff, enttäuschen die Bürgerinnen und Bürger und treiben sie in die Arme der Radikalen. Mahnende Worte und Verurteilungen in Talkshows reichen nicht aus. Wir brauchen auch in der Migrationspolitik eine Zeitenwende. Wir erwarten, dass Sie sich dafür und somit für die Bürgerinnen und Bürger im Kreis Pinneberg einsetzen.
Gez.
Birte Glißmann MdL Wahlkreis Elmshorn,
Martin Balasus MdL WK Pinneberg-Elbmarschen,
Justus Schmitt Mitglied Pinneberger Kreistag und migrationspolitischer Sprecher